In nur 6 Tagen mehr als 2000 Unterschriften gegen die Landesgartenschau Gießen

Rede von der Sprecherin der Bürgerinititive "Wieseckaue", Martina Lennartz im Stadtparlament am 15.12 2012


Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,
liebe Anwesende, liebe Gegner und Kritiker der Landesgartenschau,
zuerst einmal vielen Dank, dass wir hier reden dürfen.

Martina Lennartz's Rede vor dem Stadtparlament GießenWir, das ist die Bürgerinitiative „Stoppt diese Landesgartenschau“, sind gekommen, um Ihnen 2020 Unterschriften zu überreichen, die wir in den letzten Tagen gegen die Landesgartenschau gesammelt haben.
Gewiss, wir haben spät, aber hoffentlich nicht zu spät, damit begonnen. Die Ankündigung des geplanten Baumfrevels in der Wieseckaue, der noch vor Weihnachten stattfinden soll und zum Teil bereits stattgefunden hat, haben uns das Ausmaß der zu erwartenden Zerstörung des beliebtesten Gießener Naherholungsgebietes vor Augen geführt und uns zum sofortigen Handeln veranlasst.

Dass wir mit der Ablehnung der Landesgartenschau in Ihrer jetzigen Form nicht alleine sind, sondern breite Zustimmung finden, ist auch deutlich geworden
• auf den Leserbriefseiten der Gießener Zeitungen,
• bei der Internetabstimmung im „Express“, wo die Anzahl der Gegner mehr als 70% betragen,
• durch die klare Ablehnung von gewerkschaftlichen Gliederungen wie die des Fachbereichs Handel von verdi. sowie
• durch Meinungsäußerungen auf verschiedenen sozialen Netzwerken im Internet, das Senden von 115 Online- Petitionen.

Die spontane Zustimmung vieler kritischer Mitbürger zu unserer Initiative beruht nicht nur auf der Ablehnung der Baumfällungen, sondern insbesondere auch gegen die geplante Verschandelung der gesamten Wieseckaue und die Zerstörung artenreicher Lebensräume innerhalb des Parks.

Gesetzesverstöße

Hier wird auch mehrfach gegen verschiedene Gesetze verstoßen.
Große Teile der angrenzenden Wieseckaue, aber Bereiche der Kernzone genießen höchsten europäischen Schutzstatus. Arten- und naturschutzrechtliche Belange wurden bisher nicht gemäß der gesetzlichen Vorgaben berücksichtigt. Wir fordern daher:
• Ohne eine Eingriff-/Ausgleichsplanung – darf kein Baum oder andere Maßnahmen durchgeführt werden - dies ist jedoch bereits geschehen. Wenn Verschlechterungen in Aussicht stehen- muss ein Ausgleich geschaffen werden. ABER ein solcher Plan existiert zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Die Stadt hat versäumt, eine umfassende Bestanderhebung der dort lebenden Pflanzen, Tiere und Pilze durchzuführen. Renaturierte Biotope werden zerstört, die ersten Vögel haben dauerhaft ihre Brutgebiete verloren und den Schwanenteich bereits verlassen.
• Es gibt ein Verschlechterungsverbot- ein Erhaltungsgebot für diese Schutzgebiete.
• Es gilt auch zu fragen, woher die Befreiungen /Genehmigungen kommen-
o gegen den Denkmalschutz verstoßen zu dürfen. (Stichwort Form des Schwanenteichs und die geplante Plattform Nähe der Rollschuhbahn)
o Gegen den Artenschutz- seltene Arten der roten Listen darunter Pilze, Orchideen und Vögel u.a. sind in Bestand massiv durch die Eingriffe gefährdet- zu verstoßen.
o Und gegen den Naturschutz –Direkte und indirekter Zerstörung geschützter Biotope: z.B. der Schilfgürtel, zu verstoßen.

Haushaltsdefizit

Der Protest richtet sich aber auch gegen die maßlose Verschwendung von Steuergeldern und gegen die Überheblichkeit, mit der dieses Projekt gegen den Willen zumindest großer Teile der Gießener Bürgerinnen und Bürger durchgesetzt werden soll. Dabei haben doch alle Parteien – auch Frau OB Grabe-Bolz – vor den Wahlen „mehr Bürgernähe“ versprochen.

Infostandverbot von der Bürgermeisterin (Grüne)

Wie sehr unser Magistrat die Bürgerbeteiligung zu fürchten scheint, haben wir vorgestern erleben müssen, als uns das Ordnungsamt „verboten“ hat, auf dem Seltersweg Unterschriften zu sammeln – mit der fadenscheinigen Begründung, während des Weihnachtsmarktes seien keine politischen Aktivitäten gestattet. Und dies, obwohl es keine Beanstandung gegen Info-Stände von „Amnesty International“ und „Ärzte ohne Grenzen“ gab. Ohne dieses Verbot hätten wir Ihnen heute sicher noch sehr viel mehr Unterschriften übergeben können.

Wir erwarten, dass unser Anliegen und unsere Einwände ernst genommen werden. Wir wissen, daß heute einige Anträge zur LaGa auf der Tagesordnung stehen. Diese Anträge sollten bitte im Verlauf der Versammlung an vorderster Stelle behandelt werden; noch kann im Interesse unserer Stadt umgesteuert werden!

Wir werden jedenfalls nicht aufgeben in unserem Bemühen „Stoppt diese Landesgartenschau“!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


Kommentar von Martina Lennartz:

"Um 0.30 Uhr wurden alle 5 Anträge en bloque durchgepeitscht,
jede Fraktion erhielt nur 5 Minuten Redezeit, eine Diskussion war nicht möglich. Wie zu erwarten  wurden im wesentlichen alle Anträge von den noch verbliebenen Stadtverordneten (und das waren weniger als die Hälfte) mehrheitlich abgelehnt. Damit war das missliebige Thema für sie vom Tisch und das Gerede von Bürgerbeteiligung und Bürgernähe wieder einmal
entlarvt..."